Veränderungsmanagement und systemische Grundsätze

Veränderung bringt Unruhe in jedes System, und sie tut weh. Immer. Auch dann, wenn es ein Aufbruch und kein Abbruch ist, auch dann, wenn es nach oben geht und nicht nach unten.
Der Einzelne, das Team oder das Unternehmen und damit wiederum der einzelne Mitarbeiter, die einzelne Mitarbeiterin, verlassen gewohntes Terrain. Sie verabschieden sich vielleicht von liebgewonnenen Gewohnheiten, von Aufgaben, von Menschen, von Werten, von Gebäuden, von Firmenidentitäten, von Sicherheiten usw.
Ob geplante Veränderung oder Krisenmanagement – wenn Altes verabschiedet wird, sehen sich Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen fast immer mit neuen, ungewohnten Situationen konfrontiert. Die Wirtschaftslogik eines Unternehmens orientiert sich in erster Linie an Gewinnoptimierung und Wachstum oder an Schadensbegrenzung. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen werden als Teil des Veränderungsprozesses oft zu wenig wahrgenommen.
Wenn Sie sicher sein wollen, dass im Wandel wichtige Faktoren berücksichtigt werden, können Sie sich an dieser Checkliste orientieren:

DAS PRINZIP DER ANERKENNUNG VON GEGEBENHEITEN
Hier geht es um eine Haltung, die für alle nachfolgenden Grundsätze wichtig ist. Bevor Sie etwas verändern, brauchen Sie einen Überblick und eine Analyse über den Ist - Zustand des Teams, des Unternehmens und das Bewusstsein, dass jede Veränderung für alle Systemmitglieder, aber auch für die Systemelemente (z.B. für Projekte, Werte usw.) von Bedeutung ist. Verdrängung oder Missachtung von Gegebenheiten führt langfristig zu Schwierigkeiten. Wesentliche Themen, Werte, offizielle und inoffizielle Agenden, Regeln usw. sollten klar angesprochen werden, denn wenn Neues eingeführt wird, entsteht zunächst Verunsicherung. Dieser Verunsicherung bei Veränderungsprozessen keinen Raum zu geben, führt meist zu Widerstand. Auch sogenannte "Kleinigkeiten" spielen eine Rolle. Plötzlich sitzt eine Person mehr im Büro. Der Platz des Einzelnen verringert sich. Dieser Verzicht sollte gewürdigt werden.
Veränderungsmanagement sollte daher idealerweise nicht von den Betroffenen alleine ausgeführt werden. Ein überparteilicher Blick auf das Ganze ist günstig. Eine Analyse, die nicht nur Gewinne und Verluste berücksichtigt, sondern auch systemische Faktoren, fragt bei Veränderungsprozessen immer auch:

Was bedeutet Veränderung...

>    für die MitarbeiterInnen?
>    für die Firmen- und/oder die Teamwerte?
>    für die Corporate Identity, für das Logo?
>    für die Projekte?
>    für die Kunden?
>    usw.

DAS RECHT AUF ZUGEHÖRIGKEIT
Zugehörigkeit bei Veränderungsprozessen ist ein weitgesteckter Begriff. Die Frage: "Wer gehört dazu, wer ist von der Veränderung betroffen?" bedeutet, dass Veränderungsmanagement sich immer auch unter dem Gesichtspunkt der Zugehörigkeit Gedanken macht:

>    Wie wird für die MitarbeiterInnen gesorgt, die nicht mehr dazugehören können? Ein gut durchdachtes Kündigungsmanagement ist unerlässlich, weil die im Betrieb verbleibenden MitarbeiterInnen Sicherheit und Motivation verlieren, wenn ungerecht und unachtsam gekündigt oder versetzt wird. Morgen könnten sie "dran" sein. Diese Angst verhindert Kreativität und Loyalität.
>    Was geschieht mit alten Werten, die früher wichtig waren? Finden sie einen guten Platz im Neuen oder werden sie "entsorgt"?
>    Wohin entwickelt sich die Corporate Identity? Wird sie gestärkt, erweitert oder völlig verändert?
>    Wo und wie bleiben die Ideen und Werte der GründerInnen des Unternehmens sichtbar?

DIE ANERKENNUNG DER ZEITLICHEN REIHENFOLGE
Hierarchien verändern sich meistens, wenn sich Unternehmen oder Teams verändern. Einige Fragen zur zeitlichen Reihenfolge sind hilfreich:

>    Welche MitarbeiterInnen gehören schon länger zum Team oder zur Firma? Selbst wenn die Hierarchie sich ändert, ist es wichtig anzuerkennen, dass jemand schon 20 Jahre im Haus ist und eine dementsprechende Erfahrung mitbringt, auch wenn er oder sie auf der Karriereleiter nicht aufgestiegen ist.
>    Wie kann Altes mit Neuem gut verbunden werden? Bestehende Werte, aber auch MitarbeiterInnen die schon vor der Veränderung im Unternehmen waren, sollten anerkannt werden, damit die Neuausrichtung nicht heimlich oder unbewusst sabotiert wird.
>    Wenn zum Beispiel der alte Firmenwert Beständigkeit und Tradition war und der neue Firmenwert Innovation und Fortschritt heißt, braucht es einen guten Umgang mit den "alten" Werten, die ja auch meistens von Menschen repräsentiert werden.

DIE ANERKENNUNG VON LEISTUNG UND HIERARCHIE
Leistung und Hierarchie spielen in Veränderungsprozessen eine besondere Rolle:

>    Hierarchie sollte immer klar sein. Wenn eine neue Führungskraft kommt, ist es notwendig, dass sie in ihrer hierarchischen Verantwortung akzeptiert wird. Sie muss einen höheren Einsatz für das Unternehmen bringen und sollte in ihrer Position anerkannt sein. Wenn diese Klarheit und Kompetenz fehlt, entstehen sogenannte "implizite", heimliche Hierarchien, die viel Zeit und Geld kosten. Ein neuer Chef oder eine neue Chefin, die einem erfahrenen Mitarbeiter oder einer erfahrenen Mitarbeiterin vorgesetzt wird und nach einer Übergangsphase langfristig die eigene Führungskompetenz nicht übernimmt, schwächt das Unternehmen. Heimliche Machtkämpfe und Intrigen sind meistens die Folge.
>    Andererseits muss die Leistung der MitarbeiterInnen, die vielleicht schon Jahrzehnte im Unternehmen sind, anerkannt werden. Wenn die Begabung und die Tüchtigkeit von MitarbeiterInnen nicht gewürdigt wird, weil sie über deren offiziellen Rang hinausgeht (sie also unbedankt Teile der Arbeit der neuen Führungskraft übernehmen), entstehen langfristig Probleme, weil sie für ihre Tüchtigkeit nicht gelobt werden und ihre Leistung "gestohlen" wird.

DER VORRANG VON HÖHEREN LEISTUNGEN UND FÄHIGKEITEN
Veränderungsprozesse bringen für MitarbeiterInnen oft neue Aufgaben mit sich. Der Blick auf Fähigkeiten und Leistungen unterstützt die Effizienz:

>    Werden Fähigkeiten gefördert und führen eventuell zu neuen Aufgaben?
>    Wird Leistung honoriert und auch mit einer Beförderung im Außen gewürdigt? Eine Postenvergabe, in der diese Faktoren nicht berücksichtigt werden, weil es andere Motive für die Besetzungen gibt, demotiviert MitarbeiterInnen häufig und macht es ihnen schwer, sich voll einzusetzen.

DER AUSGLEICH ZWISCHEN GEBEN UND NEHMEN
Veränderungsprozesse stellen meistens alle MitarbeiterInnen eines Teams oder eines Unternehmens vor große Herausforderungen. Sie nehmen häufig an der Planung innerhalb der eigenen Abteilung teil, machen Überstunden, fangen Pannen auf, tragen Neues mit. Und dafür sollten sie unbedingt anerkannt werden. Ob mit Worten, einem Firmenfest oder finanziell, ein Ausgleich im Guten sollte immer ein vermehrter sein.
Für Pannen während eines Veränderungsprozesses gilt das Gegenteil. Hier sollte der Ausgleich ein geringerer sein. Wenn ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin einen Fehler macht, sollte die "Strafe" geringer ausfallen als der verursachte Schaden. Ein Unternehmen, das nicht fehlerfreundlich reagiert, wird langfristig aus seinen Fehlern nicht mehr lernen können, weil diese von den MitarbeiterInnen aus Furcht vertuscht werden.
Doch auch exakter Ausgleich trennt. Wer jede Minute zählt, wer jeden Groschen abrechnet, wer nur soviel Dank abstattet, wie unbedingt notwendig ist, macht eine Rechnung, die letztendlich trennend wirkt.
Großzügigkeit in Gedanken und Handlungen macht sich meistens bezahlt.

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